Impuls zu Karfreitag, 15. April 2022

Herzlich willkommen zum Impuls am Karfreitag der Pfarrei St. Franziskus. Es spricht Evelyn Krepele, Leiterin des Geistlichen Zentrums San Damiano.

Haben Sie am letzten Mittwoch, dem Mittwoch in der Karwoche, die Passion gesehen, das Live-Event in Essen, das RTL inszeniert hat? Es war ein Versuch, die Passionsgeschichte in unsere heutige Zeit zu übertragen und mit aktuellen deutschen Popsongs zu begleiten. Ob dieser Versuch gelungen ist?
Da gehen die Meinungen auseinander. Als einen Teil dieses Events trugen Menschen ein großes, leuchtend weißes Kreuz durch die Innenstadt. Dabei wurden einige gefragt, warum sie mitmachen.

Mich haben die Statements dieser Menschen sehr berührt, denn sie erzählten von tiefen, persönlichen Glaubenserfahrungen. Da war z.B. eine junge Studentin. Durch die Corona-Einschränkungen gab es in ihrem Studium nur noch Online-Veranstaltungen. So begrenzte sich ihr Leben auf die paar qm ihres Zimmers. In der Einsamkeit ging ihr mehr und mehr der Sinn des Lebens verloren. Sie rutschte in ein tiefes Loch. Für sie wurde die Entdeckung des Glaubens zu einer Quelle der Kraft, durch die sie neuen Lebensmut bekam.
Da war eine andere Frau, die die spontane Heilung ihres sterbenskranken Mannes erlebte. Für sie war dies eng verbunden mit ihren intensiven Gebeten, in die sie all ihre Liebe legte.
Und da waren auch eine junge Ukrainerin und ein junger Russe, die berührt von der Vergebung, die Jesus gelebt hat, selber versuchen, Vergebung zu leben und den Kriegsflüchtlingen zu helfen.
Auch ich kenne tiefe Glaubenserfahrungen, eigene und solche, die andere Menschen mir anvertraut haben. Ich merke immer wieder, wie schwer es ist, diese Erfahrungen in Worte zu bringen, ohne, dass sie oberflächlich oder abgedroschen klingen.  

Doch wenn ich hinhöre, was diese Menschen berührt hat, dann haben diese Erfahrungen für mich mit Karfreitag zu tun. An diesem Tag gedenken wir besonders der Kreuzigung Jesu. Jesus, der die Liebe Gottes zu jedem einzelnen Menschen mit seinem ganzen Leben zum Leuchten brachte, Jesus, den wir als Gottes eigenen Sohn bekennen, er wurde verraten von einem Vertrauten, im Stich gelassen und verleugnet von seinen Freunden, verurteilt von einem Richter, der genau wusste, wie ungerecht das Urteil war.
Er wurde gefoltert und auf brutalste Weise hingerichtet.

Das Kreuz als Tiefpunkt der Verzweiflung, als Zeichen des Leides und der absoluten Lebensvernichtung, ist für Christen zum zentralen Symbol ihres Glaubens geworden. Es ist das Versprechen Gottes, uns zu begleiten: nicht nur durch die hellen Stunden unseres Lebens, sondern auch durch alles Dunkle und Schreckliche, was das Leben uns zumutet. Selbst dann noch, wenn wir davon nichts mehr spüren.
Es ist die Hoffnung, dass letzten Endes das Leben über den Tod und alle Grausamkeiten hinweg siegen wird, denn es ist untrennbar mit der Auferweckung Jesus Christi verbunden, die wir Ostern feiern.

So ist das Kreuz ein Zeichen, sich nicht von dem unterkriegen zu lassen, was schwierig ist und dem Leben feindsinnig entgegensteht, sondern weiter nach Lichtblicken zu suchen und selber solche zu setzen.

„Halt Dich an mir fest“ – war das letzte Lied, was der „Jesus“ in dem TV-Event „Die Passion“ sang.

Ja, halte Dich an Jesus Christus fest. Einen bessern Rat gibt es nicht.